Ausgabe Dezember 2019

Deutsche Angststarre

Syrien und das Scheitern der EU-Menschenrechtspolitik

Nach dem von Donald Trump verkündeten Rückzug amerikanischer Truppen aus Syrien marschierten am 9. Oktober 2019 türkische und von ihnen kontrollierte islamistische Truppen in den Nordosten des Landes ein. Ihr Ziel: die Kurdenmiliz YPG vernichtend zu schlagen und der dortigen Autonomie ein Ende zu bereiten, wie sie es schon im Januar und Februar 2018 in der Region Afrin vorexerziert hatten.

Da die türkische Regierung ohne ein Mandat des UN-Sicherheitsrats in den Krieg gezogen ist, handelt es sich um einen eklatanten Bruch des Völkerrechts. Doch anfänglicher Empörung folgt bis heute praktisch nichts. Dieses Missverhältnis zwischen Empörung und Tatenlosigkeit legt bloß, dass die EU und speziell die Bundesrepublik regelrecht in Angststarre verfallen, sobald der türkische Präsident Erdoğan mit einer Öffnung der Flüchtlingsschleuse droht. Denn das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei macht die EU erpressbar, zumal seit August 2019 wieder 8000 bis zu 10 000 Flüchtlinge pro Monat aus der Türkei auf die griechischen Inseln durchgelassen werden.

Während also Putin, Erdoğan und Assad auf dem Boden Fakten schufen, trugen die Koalitionsparteien der Bundesregierung im Modus des Vorwahlkampfs ihre Zerstrittenheit zur Schau.

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema